Freitag 19. September 2025

Friedhofskapelle Sierning

 

Renovierung und Neugestaltung von struber_gruber (Katharina Struber und Klaus Gruber), 2025

 

Die im Eingangsbereich des Sierninger Friedhofs gelegene Friedhofskapelle wurde um 1900 errichtet. Der Friedhof befand sich bis 1777, dem 1000-jährigen Gründungsjubiläum der Pfarre, rund um die Kirche und wurde anschließend an den Ortsrand verlegt.


Die Kapelle wurde bis zur Neuerrichtung der Aufbahrungshalle durch die Gemeinde Sierning im Jahr 1991 als Aufbahrungsraum für die Verstorbenen genutzt.


Innige Verbundenheit und tiefer Schmerz

Zentrales Ausstattungselement der Kapelle ist die Pietà in der Nische der zum Friedhof ausgerichteten Stirnachse. Im Zuge der Neugestaltung wurde sie restauriert und auf Augenhöhe der Besucher:innen gesetzt. Die Skulptur zeigt den eindrucksvollen und berührenden Moment, in dem die Gottesmutter Maria ihren toten Sohn im Arm hält. Ein Moment innigster Verbundenheit und zugleich tiefsten Schmerzes. Die Idee, sie zu renovieren, künstlerische Akzente zu setzen und eine gestalterische Verbindung zur Gruftkapelle herzustellen, entstand im Kontext der Umgestaltung der Gruftkapelle von struber_gruber zu einer Urnenerdbegräbnisstätte (2018 fertiggestellt).


Die Neugestaltung der Kapelle orientiert sich an der historischen Bausubstanz, die Interventionen und Gestaltungselemente sind betont zurückhaltend.


Ein umlaufendes Board mit einem Sandbett bietet die Möglichkeit, Kerzen anzuzünden.
Gegenüber der tagsüber geöffneten Eingangstür haben struber_gruber eine Glasplatte mit dem eingravierten Schriftzug „ICH BIN DA“ gesetzt. Die Buchstaben werfen im Licht der Kerzen Schatten und schaffen eine Blickachse zur Pietà. Es ist die Zusage der Gegenwart Gottes auch in Situationen tiefsten Schmerzes.

 

Die Friedhofskapelle als pastoraler Ort für Trauer, Trost und Gedenken

Mit der Renovierung, Revitalisierung und Neugestaltung der Friedhofskapelle in Sierning wird der Friedhof als wichtiger pastoraler Ort in den Blick genommen. Die katholische Kirche in Oberösterreich hat über viele Jahrhunderte hinweg Räume für Trauer, Trost und Gedenken geschaffen. Es gibt eine Vielzahl solcher Räume mit besonderen atmosphärischen Qualitäten, die mit großem Engagement und dem Zusammenspiel von Architektur und Kunst ihrer Zeit errichtet und gestaltet wurden. Diese Räume sind tagsüber frei zugänglich und bieten als bergende und schützende Räume auch speziell für das Gedenken eingerichtete Bereiche und Gestaltungen. Für die Friedhofsbesucher:innen bietet die Kapelle in Sierning einen Ort für Unterbrechungen und Rituale wie das Halten einer kurzen Stille, das Sprechen eines Gebets oder das Anzünden einer Kerze, um die Verbundenheit mit dem Verstorbenen auszudrücken.

 

Aufleuchten aus dem Dunkel und zarte Licht- und Schattenwirkungen

Das Konzept zur Neugestaltung stammt von struber_gruber, der Künstlerin Katharina Struber und dem Architekten Klaus Gruber, die seit 2012 im Bereich der Erinnerungskultur zusammenarbeiten: „Mit dem Entwurf für die Friedhofskapelle und die Urnenbegräbnisstätte auf dem Friedhof Sierning setzen wir ein tröstliches Zeichen, schaffen Raum für individuelle Trauer und geben Hinterbliebenen einen Ort der stillen Einkehr und der Ruhe. Es sind die kleinen Zeichen: Ein Aufleuchten aus dem Dunkel, zarte Licht- und Schattenwirkungen, die in einer zurückhaltenden Gestaltung sichtbar werden. Sie geben dem Wunder der Verbindlichkeiten Raum, die über den Tod hinaus wirken.“
 

Pfarrer Karl Sperker, der sich maßgeblich für die Renovierung und Neugestaltung engagiert hat, segnete im Rahmen einer Maiandacht am 25. Mai 2025 die Kapelle. In seiner Ansprache ging er dabei nochmal auf die Funktion und zentrale Elemente der Gestaltung ein:
„Ich bin da. Das ist der älteste Name Gottes im Alten Testament. Ich bin da – das ist auch die große Zusage in Not und Traurigkeit. Dieses Bibelwort, diese drei schlichten Worte, begegnen den Besuchern der Friedhofskapelle als Erstes, wenn sie diese betreten. In dieser Schlichtheit und Klarheit freue ich mich über die Einladung, die diese Kapelle nun vermittelt: ein Ort des Gebets, des Erinnerns und des Gedenkens. Mit der Möglichkeit, eine Kerze für jene zu entzünden, mit denen ich liebend verbunden war und bin. Möge unsere Friedhofskapelle ein wertgeschätzter Ort der Begegnung sein und ein Ausdruckszeichen unseres Glaubens an die Auferstehung. Doch auch ein Ort des Trostes und ein Ort unserer Hoffnung auf ein Wiedersehen.“

 

Martina Gelsinger, Fachbereich Kunst und Kultur Diözese Linz

 

Link zum Bericht der Kirchenzeitung

 

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